Ministerialrat Dr. Jürgen Heidborn
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 53170 Bonn

Die Bundesregierung räumt der Altlastenforschung als Teil des geltenden Programms "Forschung für die Umwelt" einen wichtigen Platz ein. Insbesondere der Programmansatz "Die Umwelt regional gestalten" trägt dem langfristigen Gesichtspunkt Rechnung, dass die Bundesländer und Kommunen, aber auch die sanierungspflichtigen Unternehmen für die Lösung der vorrangig in den letzten beiden Jahrhunderten entstandenen Altlastenproblematik noch mehrere Jahrzehnte benötigen werden.

Die Förderung konzentriert sich daher auf die Schaffung nachhaltiger Lösungen, die für die wirtschaftliche Entwicklung und Regionalplanung in den industriellen und kommunalen Ballungsgebieten von Bedeutung sind. Darüber hinaus sollen der Aufwand für die Altlastensanierung auch weiterhin reduziert und insbesondere Entscheidungssicherheiten für die anzuwendenden Sanierungsmaßnahmen geschaffen werden.

Die Förderung der Altlastenforschung bildet einen wesentlichen Bestandteil der Aktivitäten des BMBF für die Verwirklichung eines an den Bedürfnissen der Menschen dieses Landes gemessenen Umweltprogramms der Bundesregierung. Deutschland ist eines der dichtbesiedeltsten Länder der Welt und ist zudem auf eine intensive Grundwassernutzung angewiesen. Daraus resultiert das Erfordernis, in die Umwelt gelAangte Schadstofffrachten zu eliminieren oder in ihrer Wirkung dauerhaft unschädlich zu machen. Zugleich ist es notwendig, durch eine sinnvolle und effektive Flächennutzung zum vorsorglichen Schutz des begrenzten Bodenvorrates als Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen in ihrer genetischen Vielfalt beizutragen.

Um diese Ziele zu verwirklichen, fördert das BMBF systematisch ausgewählte FuE-Vorhaben mit hoher Innovationswirkung für den Umgang mit Altlasten und Böden. Ein wesentlicher Teil der Forschungsförderung besteht darin, bundesweit übertragbare Beispiellösungen zu initiieren und insbesondere die für den wissenschaftlichen Vorlauf erforderlichen Veränderungen in der Forschungslandschaft zu unterstützen.

Seit 1976 wurden über 350 FuE-Vorhaben der Bundesländer und Kommunen, von Unternehmen, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gefördert und hierfür anteilig mehr als 450 Mio. DM bereitgestellt. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Förderquote von 50% der Gesamtkosten konnten somit in den letzten 24 Jahren insgesamt ca. 900 Mio. DM für die Forschung mobilisiert werden.

In den 80er Jahren stand die Schaffung der wissenschaftlichen Voraussetzungen für die Erfassung, Erkundung und Bewertung von Altlasten und Böden, die Sicherung von Altdeponien sowie chemisch-physikalische und thermische ex situ sowie pneumatische und hydraulische in situ-Bodenreinigung im Vordergrund der Förderaktivitäten des BMBF.

In den 90er Jahren konzentrierte sich die Förderung durch das BMBF auf die Vertiefung der wissenschaftlichen Grundlagen und den Nachweis der Anwendbarkeit umweltverträglicher, praktikabler und zugleich kostengünstiger Lösungen Aim Rahmen der

  • modellhaften Sanierung von 13 typischen Altlasten (2 Metallhüttengelände, 5 Chemiestandorte, 2 Gaswerksstandorte, 2 Altablagerungen, 2 Rüstungsaltlastenstandorte)
  • Erprobung von in situ-Verfahren in Großbehältern (Bau der sog. VEGAS-Anlage)
  • Vorbereitung neuer Lösungen für die Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlenbergbaus in den neuen Bundesländern
  • maßstabsgerechten Erprobung biologischer Sanierungsverfahren
  • Vorbereitung innovativer in situ-Verfahren für die Grundwasserreinigung (Reinigungs-wände).

Um die Möglichkeiten der naturnahen Bewertung und Weiterentwicklung von kostengünstigen in situ-Grundwassersanierungsverfahren zu verbessern, hat das BMBF die Errichtung der aus 4 Großbehältern mit Volumina zwischen 30 und 790 m3 bestehenden "Versuchsanlage für Grundwasser- und Altlastensanierung (VEGAS)" an der Universität Stuttgart gefördert. Die seit 1995 erfolgreich arbeitende Versuchseinrichtung ist auf absehbare Zeit durch Forschungen des Bundes, der privaten Wirtschaft und der Länder ausgelastet und hat bereits vielfältige Erkenntnisse für die Vorbereitung von in situ-Sanierungsverfahren ermöglicht.

Hohe Erwartungen für die Kostensenkung werden beispielsweise mit den Forschungsarbeiten im Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle sowie in einigen süd- und mitteldeutschen Universitäten verbunden, die auf neuartige Lösungen für die passive Reinigung kontaminierter Grundwässer durch Reaktive Wände abzielen. Erfahrungsgemäß können herkömmliche Verfahren einer Hebung und Reinigung verunreinigter Grundwasser in oberirdischen Anlagen viele Jahre und Jahrzehnte beanspruchen. Diese VorgehensweisAe ist mit erheblichen Betriebskosten verbunden.

Als möglich erscheint demgegenüber die umweltverträgliche und kostengünstige Abschei-dung der Schadstoffe innerhalb der Grundwasserleiter durch Einsatz von "Funnel and Gate"-Systemen oder aber durchströmten Reinigungswänden.

Voruntersuchungen haben hierzu bereits durch Universitäten und Ingenieurunternehmen auf einigen Standorten in Deutschland stattgefunden. Ebenso stehen in Deutschland und weltweit auch patentierte Forschungsergebnisse aus den USA und Kanada zur Verfügung. Als Alternative zum bereits patentierten Einsatz von nullwertigem Eisen für die Eliminierung polyhalogenierter Schadstoffe mittels Dehalogenierung sollen schnellstmöglich auch eigene Lösungen in Deutschland für den nationalen und internationalen Markt entwickelt werden.

Hierzu wurde, gefördert durch das BMBF, im Jahr 1999 in Bitterfeld die Großversuchseinrichtung SAFIRA durch das Umweltforschungszentrum Leipzig in Zusammenarbeit mit weiteren Forschungseinrichtungen und interessierten Unternehmen in Betrieb genommen. Allein für dieses große Verbundprojekt stellt das BMBF fast 25 Mio. DM für eine Laufzeit von 5 Jahren zur Verfügung.

Als weiteren Impuls für die Neuentwicklung von Reinigungswänden hat nun das BMBF darüber hinaus im Mai 2000 den neuen Forschungsverbund RUBIN (= Reaktionswände und -barrieren im Netzwerkverbund) ins Leben gerufen, in dem diverse Unternehmen und Forschungseinrichtungen bundesweit an verschiedenen Standorten eng und interdisziplinär zusammenarbeiten.

Ein Schwerpunkt der einzelnen RUBIN-Projekte besteht in der Untersuchung und Lösung der bau- und betriebstechnischen Probleme bei der Errichtung von Reinigungswänden auf gegenwärtig 8 repräsentativen Standorten. Es sollen A verallgemeinerungsfähige Kriterien insbesondere für die Planung, den Bau, den Betrieb, die Ökonomie, die Langzeitwirksamkeit und die ökologische Verträglichkeit dieser Vorrichtungen gewonnen werden. Hierfür werden innerhalb einer Laufzeit von drei Jahren ca. 8 Mio. DM bereitgestellt.
Bei der Entwicklung neuer, innovativer Technologien im Bereich der Reinigungswände, Reaktionsbarrieren oder -zonen gilt es ferner, insbesondere auf dem Gebiete der bautechnischen Verfahrensweisen und ihrer Umsetzung als auch bei der Anwendung neuer reaktiver oder sorbierender Materialien Schwerpunkte zu setzen. Auch hierfür sollen die Projekte des Forschungsverbundes RUBIN entscheidende Impulse liefern.

Das BMBF wünscht allen Beteiligten am Forschungsverbund RUBIN den allerbesten Erfolg bei ihren durchweg sehr ehrgeizigen Vorhaben und sieht mit großem Interesse den Resultaten zur Lösung der gestellten und bevorstehenden, umfangreichen Fragestellungen und Aufgaben entgegen.